Common Partial Wave Analysis Framework
Eine der faszinierendsten Fragestellungen der Physik ist die nach der Struktur der Materie. Betrachtet man das Proton oder das Neutron, welche beide gebundene Zustände aus drei Quarks sind, findet man, dass die Beschreibung der Masse dieser Teilchen bisher unvollständig ist. Die Theorie der starken Wechselwirkung, die Quantenchromodynamik (QCD), beschreibt die meisten experimentellen Ergebnisse sehr gut. Allerdings sind weder die QCD noch effektive theoretische Modelle oder Rechnungen im Rahmen der Gitter-QCD im Stande, das beobachtete Spektrum der Hadronen vollständig zu beschreiben. Um die Eigenschaften von Zuständen, welche in Teilchenreaktionen erzeugt werden, zu extrahieren, wird üblicherweise die Methode der Partialwellenanalyse (PWA) oder Amplitudenanalyse verwendet. Sie ermöglicht den Zugang zu einem breiten Spektrum von Zuständen. Allerdings gibt es mehr als eine theoretische Herangehensweise an die Beschreibung solcher Prozesse. Deshalb ist äußerst wichtig, verschiedene Formalismen mit gemessenen Daten und die Ergebnisse untereinander zu vergleichen; denn durch die Kombination und den Vergleich lassen sich Rückschlüsse auf die Zustände und auf die Stabilität und Genauigkeit des Ergebnisses ziehen. Diese Techniken sind auch auf anderen Gebieten der Kern- und Teilchenphysik notwendig, insbesondere in der Heavy Flavour Physik. Neben der Untersuchung des Spektrums stark gebundener Zustände ist es für die Suche nach CP-verletzenden Prozessen erforderlich, Mehrteilchenzerfälle von B und D Mesonen in CP-gerade und -ungerade Anteile des Endzustandes mit Hilfe der Amplitudenanalyse zu zerlegen.
Das Software-Paket ComPWA (Common Partial Wave Analysis Framework) ist darauf ausgelegt, genau diese Art von Vergleichen durchzuführen. Eine der wichtigsten Design-Entscheidungen war eine größtmögliche Modularität, um Einschränkungen zu vermeiden, wie sie bei den meisten anderen PWA-Tools, zu finden sind. Erste Formalismen wie der Helizitätsformalismus oder die allgemeine Dalitzplot-Analyse sind in ComPWA integriert und finden für erste Analysen von Daten des BESIII-Experiments im Gebiet der Meson-Spektroskopie Anwendung.
Ziel des beantragten Projektes ist, weitere Formalismen in ComPWA bereitzustellen, um die verschiedenen theoretischen Modelle miteinander zu vergleichen. Es ist außerdem geplant, die Analyse von baryonischen Endzuständen zu implementieren (z.B. für BESIII-Daten). Zudem wird vorgesehen, dass auch Parameter zugänglich sind, die für Standardmodell-Tests (z.B. mit BESIII-/Belle II-Daten) benötigt werden. Des Weiteren ist geplant, dass auch Antiproton-Proton-Reaktionen analysiert werden können (z.B. von PANDA-Daten). Bei der Bereitstellung der zusätzlichen Funktionalität wird streng darauf geachtet, die Modularität der einzelnen Komponenten beizubehalten. Aufgrund dessen wird ComPWA in der Lage sein, einen simultanen Fit von zwei oder mehr Datensätzen des gleichen Experimentes oder von verschiedenen Experimenten durchzuführen.