Messung von Open Charm Zerfällen
Seit dem Jahr 2003 ist eine Vielzahl von charmoniumartigen Strukturen (\(X\), \(Y\), \(Z\)-Zustände) nachgewiesen worden, deren Natur bislang unverstanden ist. Als mögliche Erklärungsmodelle werden einerseits exotische Formen hadronischer Materie in Betracht gezogen, wie beispielsweise Tetraquarks, Hybride und Meson-Meson-Moleküle. Andererseits ist nicht auszuschließen, dass es sich bei einigen der Strukturen (insbesondere \(Z_{c}\)) um rein kinematische Effekte handelt. Auch ist bislang nicht bekannt, ob alle bekannten \(X\), \(Y\), \(Z\)-Strukturen die gleiche physikalische Ursache besitzen.
Wichtig ist hierbei die Feststellung, dass es für eine konsistente Beschreibung beispielsweise nicht ausreichend ist, einen einzelnen Zustand als vermutlich tetraquarkartig zu identifizieren. Vielmehr folgt im erwähnten Beispiel aus dem Postulieren eines Tetraquarks die Existenz einer ganzen Klasse dieser Zustände, die experimentell auch nachweisbar sein müssen. Bislang gelingt keinem der erwähnten Modelle eine konsistente Beschreibung aller \(X\), \(Y\) und \(Z\)-Zustände.
Ein möglicher Zugang zur Aufklärung der inneren Struktur dieser exotischen, charmoniumartigen \(X\), \(Y\) und \(Z\)-Zustände liegt im Studium von Open-Charm-Endzuständen. Dominant handelt es sich hierbei um Topologien der Form \(e^{+} e^{-} \to D \bar{D}, \, \pi D \bar{D}, \, \pi D \bar{D}^{*}\), \(D^{*} \bar{D}^{*}\) und \(\pi D^{*} \bar{D}^{*}\).
Deren Bedeutung liegt darin begründet, dass viele der bekannten \(X\), \(Y\) und \(Z\)-Zustände nahe der Produktionsschwelle von Open-Charm-Endzuständen liegen. So ist die Masse des \(X(3872)\) fast identisch mit der \(D^{0}\bar{D}^{*0}\)-Schwelle, während \(Z_{c}(3900)^{+}/Z_{c}(3885)^{+}\) und \(Z_{c}(4020)^{+}\) knapp über der \(\bar{D}^{0}D^{*+}\) bzw. \(\bar{D}^{*0}D^{*+}\)-Schwelle liegen.
Darüber hinaus zeigen die \(Y\)-Zustände eine schwache Kopplung an Open-Charm-Endzustände, während konventionelle Charmonia wie das \(\psi(4415)\), welches mit dem \(4{}^{3}\mathrm{S}_{1}\)-Zustand identifiziert werden kann, stark in solche Zustände zerfallen.
Die hohe integrierte Luminosität der BESIII-Datensätze erlaubt eine präzise Messung der Open-Charm-Produktions-Wirkungsquerschnitte im Energiebereich \(\sqrt{s}=4\)-\(4\text{,}6\,\mathrm{GeV}\).
Durch eine gekoppelte Analyse, die auch Kenntnis über Hidden-Charm-Wirkungsquerschnitte wie \(\pi^{+}\pi^{-}J/\psi\) und \(\pi^{+}\pi^{-} h_{c}\) mit einbezieht, ist es möglich Modelle zur inneren Struktur der verschiedenen \(X\), \(Y\) und \(Z\)-Zustände gegeneinander zu diskriminieren.
Von besonderem Interesse ist hierbei auch die Analyse von Mehrkörperendzuständen wie \(e^{+}e^{-} \to \pi^{+} D^{0} D^{*-}\). Obwohl es in Positron-Elektron-Reaktionen nicht möglich ist die geladenen \(Z_{c}\)-Zustände in Formation zu erzeugen (\(e^{+}e^{-} \nrightarrow Z_{c}^{\pm}\)), treten diese z.B. in der Reaktion \(e^{+}e^{-} \to \pi^{+} Z_{c}^{-} \to \pi^{+} ( D^{0}D^{*-} )\) als intermediäre Resonanzen auf.
Mit der Methode der Partialwellenanalyse ist es daher möglich deren Eigenschaften näher zu untersuchen.